Christmas at Gate 11 von Sunwings ([Zorro x Nami]) ================================================================================ Kapitel 1: Driving Home For Christmas ------------------------------------- „Was soll das heißen, alle Flüge wurden storniert?!“ Die blasse Frau am Schalter sank auf ihrem Stuhl zusammen und versuchte sich hinter dem Computerbildschirm vor der wütenden, orangehaarigen Frau zu verstecken.  „Das heißt, dass wir keine Flüge mehr durchführen können. Der Schneesturm...“, entschuldigte sie sich ein weiteres Mal, wurde jedoch mürrisch unterbrochen: „Das habe ich verstanden! Aber wie soll ich jetzt nach Vancouver kommen?!“ Erneut wich die Angestellte dem zornigen Blick der orangehaarigen Frau aus. „Ich...“ „Vergessen Sie es!“, schrie Nami dazwischen, wandte sich von dem Schalter ab und kämpfte sich durch die wütende Menge zurück auf ihren ursprünglichen Sitzplatz, auf dem sie nun schon eine Stunde wartete. Vor zehn Minuten kam die Nachricht, dass alle Flüge storniert werden mussten, weil sich der Schneesturm ausgerechnet an Weihnachten dazu entschlossen hatte, am wildesten in New York zu wüten. Missmutig ließ sich Nami auf den Stuhl fallen und kramte in ihrer unordentlichen Handtasche nach ihrem Mobiltelefon. Eilig tippte sie eine Nachricht an ihre Schwester Nojiko, die mit ihrer Mutter Bellmere darauf wartete, dass Nami nach Hause kam:   Alle Flüge wurden storniert. Werde es nicht pünktlich schaffen. Tut mir leid.   Seufzend ließ sie ihren Kopf zurückfallen. Das Schicksal meinte es wahrlich nicht gut mit ihr. Zuerst musste sie ihren Flug umbuchen, da ihr Boss plötzlich auf die Idee gekommen war, noch ein weiteres Meeting mit einem wichtigen Kunden zu vereinbaren, und jetzt wurde der Flug storniert und sie saß im Flughafen JFK in New York fest. Allein.  Nervös schaute sie auf ihre Armbanduhr. Wenn dieser blöde Flug pünktlich gewesen wäre, dann säße sie rechtzeitig zum Weihnachtsessen bei ihrer Familie am Tisch. Naja, ihrer Familie und Sanji. Als Nami an ihn dachte, bekam sie ein flaues Gefühl im Magen. Nami liebte Weihnachten. Für sie gab es keine schönere Zeit im Jahr, weil es die einzigen Tage waren, an denen ihre komplette Familie an einem Tisch saß. Doch dieses Weihnachten war anders als die anderen davor. Nami seufzte schwerfällig. Weihnachten ganz alleine am Gate 11 zu verbringen, war dieses Jahr Fluch und Segen zugleich. Doch früher oder später musste sie Sanji sowieso gegenüber treten.  Ihre einzige Hoffnung war, dass der Sturm nachlassen würde und es bald einen Ersatzflug gab. Zumindest hatte das der nette Herr gesagt, nachdem er die fröhliche Nachricht von dem tobenden Schneesturm verkündet hatte. Danach hatte er sich eilig aus dem Staub gemacht und die wilde Meute auf seine zwei schüchternen Kolleginnen losgelassen.  Sie schreckte aus ihren Gedanken, als das Telefon in ihrer Hand vibrierte.   Wir warten auf dich. – Sanji    Schmunzelnd las sie die Nachricht. Natürlich würde er warten. So war Sanji eben. Es gab keinen besseren Mann. Er hatte sein eigenes Restaurant, verdiente genügend Geld und las ihr jeden einzigen Wunsch von den Augen ab. Nami kannte ihn schon seit der High School und schon damals waren sie unzertrennlich. Er gehörte zu ihrer Familie und Bellmere behandelte ihn wie ihren eigenen Sohn. Schon immer hieß es, dass Nami und Sanji vermutlich irgendwann heiraten würden. Bei dem Gedanken rutschte Nami nervös auf dem ungemütlichen Flughafenstuhl herum. Warum fiel es ihr so schwer, der gleichen Meinung zu sein? Jede Frau würde sich überglücklich schätzen, einen solch wundervollen Mann wie Sanji an ihrer Seite zu haben. Und trotzdem seufzte sie so tief, als würde die Last der gesamten Welt auf ihren Schultern lasten.  Eine normale Frau wäre Sanji überglücklich in die Arme gefallen. Doch Nami packte ihren Koffer und flog bis ans andere Ende des Landes, um ihm zu entkommen.  Bellmere und Nojiko wären sicher heilfroh, wenn Nami sich für Sanji und eine gemeinsame Zukunft mit ihm entscheiden würde. Doch wenn sie an ihre gemeinsame Nacht vor ihrer Anreise dachte, fühlte sie ... nichts. Kein magisches Funken, keine herumschwirrenden Schmetterlinge, kein Herzklopfen.    „Ist hier noch frei?“, riss sie plötzlich eine tiefe Baritonstimme aus ihren trübseligen Gedanken und Nami blickte erschrocken auf. Vor ihr stand ein Mann, der ebenso mürrisch dreinblickte wie sie, und auf den freien Platz neben ihr zeigte. Nami betrachtete sprachlos sein hübsches Gesicht und die stechenden, grauen Augen. Über sein linkes Auge zog sich eine fiese Narbe, die seine Schönheit jedoch nur mehr zur Geltung brachte und ihn aussehen ließ, wie der sexy Bad Boy in einem kitschigen Weihnachtsfilm. Der Typ konnte locker auf dem Cover des GQ Magazines erscheinen und ganz nebenbei noch vom Peoples Magazine zum Sexiest Man Alive gekürt werden.  „Hallo? Soll ich vielleicht noch mein Hemd ausziehen, damit Sie noch mehr zu sehen haben?“, fragte er genervt, als Nami nicht antwortete. Räuspernd setzte sie sich gerade hin. Den Titel für arrogantes Arschloch hatte er sich jedenfalls soeben verdient. Der Zauber war vorüber. „Hier ist leider besetzt“, antwortete sie gereizt. „Ach, ja? Und für wen?“ „Für jemanden, der kein arrogantes Arschloch ist.“ Zuckersüß lächelte sie ihn an, während sie eine Zeitschrift aufschlug und versuchte, sich auf die Schlagzeile zu konzentrieren. Doch als sich der Kerl schulterzuckend neben sie setzte, blickte sie erneut auf und musterte ihn mit gerunzelter Stirn. „Was machen Sie da?“ „Sie sagten, es wäre für jemanden reserviert, der kein arrogantes Arschloch ist.“ „Genau. Also für jeden in diesem Flughafen, außer Sie.“ Er schenkte ihr ein Grinsen, bei dem vermutlich schon viele Frauen weiche Knie bekommen hätten, doch Nami seufzte nur und widmete sich wieder ihrer Zeitschrift. Das konnte doch nicht möglich sein! Was hatte sie getan, um so etwas zu verdienen? „Was lesen Sie da?“, fragte er und lehnte sich gefährlich nahe zu Nami, damit er einen Blick auf den Artikel werfen konnte. „20 Gründe warum er nicht der Richtige ist ... Interessant.“ Nur kurz ließ sich Nami von seinem Aftershave die Sinne benebeln, bevor sie von ihm abrückte und ihm den Rücken zukehrte. Na, toll. Warum hatte sie ausgerechnet diese Seite aufgeschlagen? Jetzt musste er bestimmt denken, sie wäre verzweifelt genug solche Artikel zu lesen. Hastig schlug sie die Zeitschrift zu und steckte sie wieder zurück in ihre Handtasche. Die Menge vor dem Schalter hatte sich inzwischen aufgelöst und ein paar der Fluggäste hatten den Flughafen schon verlassen, weil es vermutlich nicht so schnell einen Ersatzflug geben würde. Kurz hatte Nami auch daran gedacht, doch zur Weihnachtszeit war es beinahe unmöglich, ein Zimmer in New York zu bekommen. Außer, man war in der Lage tausend Dollar für eine Nacht hinzublättern. Nami jedoch gehörte nicht zu diesen Glücklichen, weswegen sie wohl hier auf den nächsten Flug warten musste.  „Grund Nummer eins: Er ist ein Langweiler“, hörte sie erneut die Stimme ihres neuen Sitznachbarn.  Genervt drehte sie sich zu ihm um. „Oder: er steckt seine Nase in Dinge, die ihn nichts angehen und redet eindeutig zu viel!“ Schnaubend lächelte er. „Wow, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen.“ Nami rollte mit ihren Augen und wandte sich wieder von ihm ab. Er hatte überhaupt keinen wunden Punkt getroffen. Sanji war kein Langweiler. Er war rücksichtsvoll, süß und charmant.  „Grund Nummer zwei: Er ist schlecht im Bett.“ Empört öffnete Nami den Mund. „Er ist nicht schlecht im Bett!“ Wissend sah er sie an, während er sichtlich damit kämpfte ein Grinsen zu unterdrücken. Nami bemerkte ihren Fehler zu spät. Warum musste der Kerl sie auch so auf die Palme bringen?!  Wütend schnappte sie sich ihre Tasche und stand auf. Sie brauchte dringend Abstand von diesem Kerl, der sie weiterhin interessiert musterte.  „Mein Name ist übrigens Zorro“, stellte er sich zwinkernd vor. „Und Grund Nummer eins und zwei treffen überhaupt nicht auf mich zu.“ „Ach, ja?! Dann vielleicht Grund drei und vier: Er ist ein widerlicher, arroganter Mistkerl und er ist ein Heuchler, weil er doch tatsächlich denkt, dass Grund eins und zwei nicht auf ihn zutreffen.“ Mit einem falschen Lächeln verabschiedete sie sich von dem sprachlosen Zorro und suchte sich in einer Ecke, weit weg von ihm, ein Plätzchen, wo sie in Ruhe auf ihren Flug nach Hause warten konnte.   ♡ ♡ ♡ ♡   „Das Gleiche wie vor einer Stunde?“, fragte der junge Mann hinter der Theke, als Nami ein weiteres Mal mit müden Augen in seinen Laden trat.  Nami nickte dankbar. Inzwischen waren weitere drei Stunden vergangen, in denen sie mehrmals einen Coffee to go bestellt hatte. Dieser wütende Sturm hielt Nami weit weg von zuhause fest, wo sie doch nirgends lieber wäre, als auf Bellmeres gemütlicher Couch neben dem Weihnachtsbaum. „Ich hätte gern einen großen Kaffee. Schwarz“, hörte Nami eine bekannte Stimme, bei der ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Was machte der denn hier? Sie tat so, als würde ihr die Weihnachtsbeleuchtung an der Theke ausgesprochen gut gefallen, damit sie ihn nicht ansehen musste. Doch erneut meinte es Gott nicht gut mit ihr, denn natürlich hatte sie sich nicht magischerweise in Luft aufgelöst, sondern fühlte beinahe, wie er sie neugierig musterte. „Sie sehen ganz schön müde aus“, bemerkte er nach einer gefühlten Ewigkeit. Nami stellte sich taub. Vielleicht ging er dann und sie musste sich nicht weiter mit ihm rumschlagen. „Hören Sie, das, was ich gesagt habe, tut mir wirklich leid“, sagte er wie aus heiterem Himmel, was Nami doch noch dazu veranlasste, aufzublicken. Verwirrt runzelte sie die Stirn und wartete darauf, bis er weitersprach. Möglicherweise war er ja doch kein übler Kerl und sie hatten einfach nur einen schlechten Start gehabt. Immerhin war auch sie nicht besonders freundlich gewesen. Jetzt hatte sie schon fast ein schlechtes Gewissen, dass sie ihn ein arrogantes Arschloch genannt hatte. „Es tut mir leid, dass Sie nicht glücklich mit Ihrem Liebhaber sind. Viele Männer bringen nicht die gewünschte Leistung im Bett.“  Und mit diesen zwei Sätzen hatte er alles wieder ruiniert. Das arrogante Arschloch war wieder zurück. Nami schloss ihre Augen, um sich ein wenig zu beruhigen. Wenn sie sein Gesicht sehen würde, konnte sie für nichts mehr garantieren. Sie würde ihn ganz sicher mit einem dieser fetten Rätselbücher, die man hier verkaufte, erschlagen. Als sie die Augen wieder öffnete, atmete sie tief durch, schenkte dem jungen Kerl hinter der Theke ein strahlendes Lächeln und sagte: „Ich hätte doch lieber einen Whiskey.“ „Oh…“, antwortete er eingeschüchtert. „Wir sind ein Coffee-Shop. Wir haben nur alkoholfreie Getränke zur Auswahl.“ Sie zwang sich erneut zu einem Lächeln und griff nach dem Coffee to go Becher, den er ihr stattdessen reichte. „Schon gut. Ich halte es auch so aus“, murmelte sie weniger überzeugt.  „Sie sollten nicht mehr so viel Kaffee trinken. Sie sehen müde aus und sollten dringend ein wenig schlafen“, sagte Zorro und es klang doch tatsächlich so, als würde er sich Sorgen um sie machen. Ausgerechnet er!  „Ich hatte gehofft, Sie seien schon längst verschwunden! Ich habe Sie nicht mehr gesehen, obwohl Ihr Ego die Größe des Empire State Buildings hat“, antwortete Nami mit gespielt freundlicher Stimme. Ihre Aussage stimmte allerdings nicht ganz. Sie hatte ihn gesehen und war dabei beinahe wahnsinnig geworden! Vermutlich war er der Grund, warum sie nicht schlafen konnte. Stundenlang hatte sie ihn heimlich dabei beobachtet, wie sich ihm mehrere Frauen an den Hals geworfen hatten. Eine von ihnen hatte sogar ein kleines Kind bei sich. Nicht mal das schien ihn abzuschrecken! Zorro schnaubte amüsiert. „Sie gefallen mir.“ Empört öffnete Nami den Mund, doch sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Beschämt merkte sie, wie ihre Wangen sich röteten und das Grinsen in seinem Gesicht bestätigten ihr, dass er es ebenfalls bemerkte. Dieser Fiesling! „Das haben Sie der blonden, jungen Frau mit dem roten Schal bestimmt auch gesagt, als sie sich ihre Handynummer gekrallt haben!“, patzte es aus Nami heraus. Zorro zwinkerte ihr wissend zu. „Sie haben mich also doch gesehen.“ Stöhnend drängte Nami sich an ihm vorbei. Seine Anwesenheit machte sie komplett Banane im Kopf.  So schnell wie möglich hastete sie in Richtung ihres Sitzplatzes. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er ihr gefolgt war. Mit gerunzelter Stirn sah sie auf den leeren Sitzplatz neben ihren. Na, toll. Der alte Knacker, dem dieser Platz ursprünglich gehört hatte, war weg. Ausgerechnet jetzt hatte er beschlossen, seinen stundenlangen Schlaf zu beenden? Zorro setzte sich mit einem breiten Grinsen auf den freien Platz und trank seelenruhig seinen Kaffee, während er Nami herausfordernd ins Gesicht sah. Nami stöhnte gequält und hoffte inständig, dass es bald einen Ersatzflug geben würde. Denn nicht mehr lange und sie würde dem gutaussehenden Bastard neben ihr die Birne einschlagen. Kapitel 2: Fairytale Of New York -------------------------------- „Kaffee?“ Nami blickte müde auf. Sie hatte die letzte Stunde nur auf den dreckigen Boden gestarrt und ihre Lebensentscheidungen in Frage gestellt. Verwundert zog sie die Augenbrauen nach oben, als sie den herrlich duftenden Coffee to go Becher in Zorros Hand betrachtete.  „Ist das ein Friedensangebot?“, hakte sie argwöhnisch nach und griff nach dem Becher, bevor er es sich wieder anders überlegen konnte.  Zorro schmunzelte und ließ sich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen. Er antwortete ihr nicht, sondern zwinkerte ihr über den Becherrand hinweg zu. Nami schüttelte augenrollend ihren Kopf.  „Sie haben mir immer noch nicht ihren Namen gesagt“, stellte er nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens fest.  Schulterzuckend legte Nami ihren Kopf schief. „Sie haben auch nicht danach gefragt.“ „Okay, wie ist Ihr Name?“ „Nami.“ Zorro nickte. „Nami...“, wiederholte er nachdenklich. Die Art, wie er ihren Namen sagte, ließ Namis Körper beben und sie biss sich instinktiv auf ihre Unterlippe. Verdammt, sie hatte niemals daran gedacht, dass ihr Name mal sexy klingen würde. Sie runzelte die Stirn, während sie Zorro betrachtete. Gerade fuhr er sich mit einer Hand durch sein grünes Haar, das genau die richtige Länge hatte, um sich daran festzuhalten, während ... Nami stoppte ihre Gedanken. Sie hasste ihn jetzt sogar noch mehr.  „Wir sollten uns duzen, Nami“, sagte er und Nami zuckte nur mit ihren Schultern. Sie hielt sowieso noch nie viel von solchen Förmlichkeiten. Aber warum musste er immer wieder ihren Namen sagen?! „Was bringt dich nach New York?“, fragte er schließlich und betrachtete sie mit seinen unwiderstehlichen Augen.  „Arbeit, und dich?“ „Familienangelegenheiten“, antwortete er mysteriös. Nami kniff die Augen zusammen. Diese Antwort hätte sie nicht erwartet. „Bist du verheiratet?“, fragte sie, ohne darüber nachzudenken. Zorro schien genauso überrascht von ihrer Frage zu sein, wie sie selbst. Lächelnd schüttelte er seinen Kopf. „Ich wusste, dass ich dir auch gefalle“, antwortete er und wackelte mit seinen Augenbrauen.  „Idiot“, murmelte Nami und versteckte ihre roten Wangen hinter dem großen Kaffeebecher. Natürlich gefiel er ihr. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es auf diesem Planeten irgendeine Frau gab, die Zorro nicht wahnsinnig sexy fand. Um sein gutaussehendes Gesicht nicht länger anschauen zu müssen, sah sie stattdessen lieber zu den Kindern, die gerade von einem Flughafenmitarbeiter eine rote Weihnachtsmütze geschenkt bekommen hatten. Die beiden Schwestern kreischten erfreut und strahlten mit den Mützen auf den  Köpfen ihre Eltern an, die sich müde bei dem Mitarbeiter bedankten. Seufzend ließ Nami sich in ihrem Sitz zurückfallen. Sie hatte vor ihrer Abreise nicht mal Zeit gehabt, ihre Wohnung weihnachtlich zu schmücken.  „Ich liebe Weihnachten“, flüsterte sie gedankenverloren. „Warum sitze ich ausgerechnet heute hier fest?“ „Ich hasse Weihnachten“, antwortete Zorro augenrollend. „Die Weiber flippen in dieser Zeit komplett aus.“ Nami rümpfte die Nase. Wie konnte man Weihnachten hassen? Den Kommentar mit den Weibern beachtete sie gar nicht. Doch als sie erneut seine sonderbare Haarfarbe betrachtete, gluckste sie amüsiert. „Mr. Grinch.“ Zorro rollte mit seinen Augen: „Du weißt gar nicht, wie oft ich das schon gehört habe.“  Kichernd trank sie einen weiteren Schluck von ihrem Kaffee. „Weihnachten ist doch die schönste Zeit des Jahres. Die vielen Lichter, das gute Essen, Kekse backen, Zeit mit der Familie genießen“, zählte sie einige guten Seiten von Weihnachten auf. Doch Zorros Gesichtsausdruck wurde bei jedem Punkt noch qualvoller. „Schon gut, Mrs. Claus.“ Belustigt über ihre neuen Spitznamen prostete Nami ihm zwinkernd zu. Endlich hatte sie etwas gefunden, wie sie ihm auf die Nerven gehen konnte. Vielleicht war die Bekanntschaft mit Zorro doch nicht so übel. So würde wenigstens die Zeit ein wenig schneller vergehen.   „Okay, genug mit den langweiligen Fragen“, bemerkte Zorro nach einer Weile grinsend. „Was bereust du am meisten in deinem Leben, Nami?“ Schon wieder sagte er ihren Namen so, als würde er sie im nächsten Moment nicht nur mit seinen Augen ausziehen. Und sie hasste sich mittlerweile selbst dafür, wie ihr Körper auf ihn reagierte. Deshalb konzentrierte sie sich auf seine Frage. Nachdenklich betrachtete sie ihn dabei, wie er den Becher in den Müll warf und sie nun auffordernd ansah. Nami wusste, was sie am meisten bereute. Sie bereute, dass sie diese Nacht mit Sanji verbracht hatte. Er war ihr bester Freund und insgeheim wusste sie schon länger, dass er mehr als freundschaftliche Gefühle hatte. Doch sie wollte es sich nie eingestehen. Der Frust über ein weiteres gescheitertes Tinder Date und die große Menge Alkohol waren eine teuflische Kombination an diesem Abend, bei dem sie Sanjis verliebten Augen nicht widerstehen konnte und mit ihm schlief. Sie wollte sich gewollt und geliebt fühlen. Am Morgen danach fühlte es sich so an, als hätte sie die Nacht mit ihrem Bruder verbracht. Und als sie Sanjis hoffnungsvollen Gesichtsausdruck sah, brach es ihr beinahe das Herz. Schweren Herzens hatte sie schnell ihre Sachen gepackt und ihm versprochen, sie würden nach ihrer Rückkehr alles klären. Ihr war bewusst, dass Sanji sich große Hoffnungen machte. Ebenso wie ihre Familie.  „Also?“, fragte Zorro geduldig nach. Nami schreckte aus ihren trübsinnigen Gedanken. Das mit Sanji war zwar die Wahrheit, jedoch würde sie Zorro bestimmt nicht davon berichten.  Also sagte sie etwas, das gleich an zweiter Stelle kam: „Ich bereue es, dass ich nicht mit Trafalgar Law zum Abschlussball gegangen bin.“ „Trafalgar Law? Er klingt interessant“, antwortete Zorro.  Nami seufzte träumerisch. „Er war perfekt. Gutaussehend, klug, freundlich. Jedes Mädchen wollte mit ihm auf den Ball und er fragte mich. Es war der schönste Moment meiner Schulzeit.“ Gedankenverloren dachte sie an diesen Tag zurück. Sie war das glücklichste Mädchen auf der ganzen Schule. „Er hätte mich mit einer Limousine abgeholt und wir hätten zusammen zu Love Story von Taylor Swift getanzt“, schwärmte sie von ihrer verflossenen Jugendliebe. „Und wir wären bestimmt Ballkönigin und König geworden.“ Zorro schnaubte. „Du meine Güte ... mit so einer verzweifelten Antwort hätte ich nicht gerechnet.“ „Hey!“, schrie Nami. „Du hast danach gefragt und ich habe ehrlich geantwortet.“ Naja fast, dachte Nami.  „Also gut und warum bist du nicht mit Law auf den Ball gegangen?“ „Weil...“, begann Nami und sie hasste sich heute noch dafür. „... ich bereits meinem besten Freund versprochen hatte, dass ich mit ihm dorthin gehen würde. Schlussendlich sind wir jedoch gar nicht gegangen, da er eine Lebensmittelvergiftung hatte.“ Nami erschrak, als Zorro laut auflachte. „Das ist nicht witzig!“, schimpfte sie. Die Tatsache, dass sein Lachen ihn noch attraktiver machte, versuchte sie zu ignorieren.  „Tut mir leid“, schmunzelte Zorro, nachdem er sich beruhigt hatte. „Du hast also auf deine mögliche große Liebe verzichtet, weil du Mitleid mit deinem besten Freund hattest?“ Perplex sah sie ihn an. Verdammt, das brachte es ziemlich auf den Punkt. Eingeschnappt reckte sie ihr Kinn und blickte an Zorro vorbei. „Die Freundschaft mit Sanji war mir mehr wert als ein blöder Tanzball“, sagte sie, doch konnte die Enttäuschung in ihrer Stimme nicht verhindern. Was wäre wohl aus ihr und Law geworden? Tatsächlich hatte sie ihn erst vor wenigen Tagen gegoogelt und erschrocken festgestellt, dass er mittlerweile ein erfolgreicher Herz Chirurg war und verteufelt gut aussah. Fast so gut, wie ihr Gegenüber, der sich immer noch über sie lustig machte.  „Bist du denn immer noch mit Sanji befreundet?“ „Ja“, antwortete sie knapp. Zorro kniff die Augen zusammen und betrachtete sie argwöhnisch. Warum kam es ihr so vor, als würde er bis in ihr Innerstes blicken und all ihre Geheimnisse offenbaren? Nervös trank sie den letzten Schluck von ihrem mittlerweile kaltem Kaffee und stand auf. „Er ist mein bester Freund“, sagte sie mit Nachdruck. Nicht nur, um es Zorro klar zu machen, sondern in irgendeiner Weise auch sich selbst. Sanji war immer an ihrer Seite gewesen. In den schlechten und in den guten Zeiten - auf Sanji konnte sie sich immer verlassen. Dass sie ihm nun das Herz brechen musste, zerriss Nami innerlich.  „Und doch bereust du es, nicht mit Law auf den Ball gegangen zu sein.“ „Ja“, antwortete Nami und fühlte sich dabei noch schlechter. Sanji gegenüber hatte sie immer beteuert, dass es ihr nichts ausgemacht hatte. Sie hatte auf seine Gefühle Rücksicht nehmen wollen. Doch jetzt wusste sie, dass er sich vermutlich schon damals Hoffnungen auf mehr gemacht hatte.  Zorro sah sie nachdenklich an. „Ich habe eine Idee...“, sagte er so leise, dass Nami ihn beinahe nicht hören konnte. Verwundert schaute sie ihn an. „Was für eine Idee?“ „Wir sollten aus unserer misslichen Lage das bestmögliche machen.“ Geheimnisvoll lächelte er. „Du wirst schon sehen. Wir treffen uns in zwanzig Minuten beim Coffee-Shop.“ Mit diesen Worten stand er auf und ging zwei Schritte. Dann drehte er sich nochmals zu ihr um. „Du musst mir allerdings versprechen, dass du dich nicht in mich verlieben wirst.“   ♡ ♡ ♡ ♡   Sie konnte es nicht fassen, dass sie doch tatsächlich zwanzig Minuten später beim Coffee-Shop auf diesen Mistkerl wartete. Als er sie mit diesen Worten alleine gelassen hatte, schwor sie sich, dass sie nicht hier warten würde. Der Idiot konnte sie doch nicht herumkommandieren, wie es ihm passte. Was sollte außerdem die Aussage über das Verlieben?! Als würde sie sich nach gerade Mal zwei Stunden in einen Wildfremden verlieben, der ihr bis jetzt nur seine arrogante Seite gezeigt hatte?! Doch nach langem Ringen war sie dann schließlich trotzdem aufgestanden und hierhin gegangen. Die Neugierde brachte sie fast um den Verstand. Innerlich tadelte sie sich selbst, als ihr Herz aufgeregt pochte und sie nervös von einem Fuß auf den anderen tapste. Dieses Herzpochen hatte sie schon lange nicht mehr gefühlt und dass es sich ausgerechnet jetzt zurückmeldete, hieß nichts Gutes.  Als sie plötzlich ein lautes Hupen hörte, schreckte sie aus ihren Gedanken. Verwirrt sah sie den langen Gang hinunter, wo ihr ein Golfwagen mit einem grinsenden Zorro darauf entgegen fuhr. Sprachlos starrte sie ihn an, als er den Wagen neben sie parkte und nochmals stolz die Hupe drückte. Nami konnte ein ungläubiges Lachen nicht verhindern. Zorro kletterte aus dem Golfwagen und räusperte sich, um Namis Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Diese stand nämlich immer noch mit offenen Mund da und glotzte auf das Gefährt vor ihr.  Zorro reichte ihr die Hand und führte sie zum freien Platz hinter dem Fahrersitz. „Ihre Limousine, Madam.“ Ach. Du. Kacke.  Vielleicht war das mit dem Verlieben doch nicht so abwegig.    „Wohin fahren wir?“, fragte Nami neugierig nach, als sie zehn Minuten später immer noch durch den Flughafen JFK fuhren. Auf die Frage, wie er zu dem Golfwagen kam, hatte er ihr ebenfalls noch nie geantwortet. Doch eigentlich war es Nami egal. Denn gerade jetzt fühlte sie sich wie der glücklichste Mensch in ganz New York. Noch nie hatte sie ein Mann derart überrascht. Nicht einmal Sanji und der war berühmt für seine liebevolle Aufmerksamkeit, die er der Damenwelt schenkte. Ihr Herz schwoll schmerzvoll an, als sie Zorro betrachtete. Warum tat er das? Sie hatte ihn vollkommen falsch eingeschätzt. Wo war das arrogante Arschloch hin? „Irgendwo hier müsste es doch sein“, murmelte Zorro angestrengt und kniff die Augen zusammen. „Ich könnte schwören, dass es hier sein muss.“ „Du siehst nicht so aus, als würdest du den richtigen Weg kennen“, grinste Nami frech. Schon vorhin war ihr aufgefallen, dass Zorro zweimal im Kreis gefahren war.  Jetzt betrachtete er sie mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen aus den Augenwinkeln. Kichernd hielt sich Nami die Hand vor den Mund. Wie süß der taffe Zorro plötzlich aussah.  Plötzlich hielt er jedoch an und zeigte grinsend auf ein großes Schild. Nami blickte unter dem Dach des Golfwagens hervor und las die Zeilen „Air Canada Maple Leaf Lounge“. Wieder reichte Zorro ihr die Hand, um ihr aus dem Wagen zu helfen. Dieses Mal jedoch ließ er sie nicht sofort wieder los, sondern führte sie zum Eingang der Lounge.  „Zorro, wir sind nicht in der Business Class“, murmelte sie nervös, als sie den strengen Mitarbeiter sah, der sie von oben bis unten betrachtete. Namis Flughafen Outfit bestand nämlich aus einer dicken schwarzen Strumpfhose, einem knappen Rock und einem flauschigen Pullover. Sie passte definitiv nicht in eine sündhaft teure Lounge.  Zorro hingegen sah natürlich tadellos aus. Mit seiner schwarzen Hose und dem dunklen Hemd konnte er genauso gut ein steinreicher Anwalt sein. Stirnrunzelnd betrachtete sie ihn. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie gar nicht wusste, ob er vielleicht tatsächlich ein Anwalt war und sogar in der Business Class flog. Zorro schien mal wieder ihre Gedanken zu lesen, denn er schüttelte seinen Kopf. „Alles, was ich tun musste, war ein wenig mit der Dame von Air Canada zu flirten.“ Nami rollte mit den Augen. Natürlich hatte er das getan. Und einfach so wurde ihm ein Golfwagen und der Zutritt zur Lounge verschafft. Ausnahmsweise verkniff sie sich einen Kommentar, da ihr in diesem Fall seine Flirterei und sein gutes Aussehen ein besonderes Erlebnis verschafften.  „Guten Abend, Mr. Lorenor“, begrüßte der Mitarbeiter sie schließlich und lächelte sie herzlich an.  Zorro bedankte sich mit einem Nicken und führte Nami in die exklusive Lounge, die fast schon nach Reichtum roch. In der Mitte der Lounge war eine große Skulptur, die wie die Decke rot beleuchtet waren. Beinahe wollte sie ihre Schuhe ausziehen, als sie auf den hochwertigen Teppichboden trat, doch Zorro führte sie, ohne etwas zu sagen, in die Mitte des Raumes. Dort standen auf einem kleinen Tisch zwei Gläser Rotwein, wo von er ihr eines reichte. Erst jetzt bemerkte Nami, dass sie sich alleine in der Lounge befanden. Sie konnte immer noch nicht fassen, was hier gerade passierte.  „Leider bin ich nicht Trafalgar Law“, grinste er zwinkernd, als er ihr zuprostete. Ihr Herz setzte einen Augenblick aus und sie biss sich schmerzhaft auf die Lippe, um nicht das zu sagen, was ihr gerade durch den Kopf ging. Lorenor Zorro war so viel besser als Trafalgar Law.  Da dieser Mann ihr sprichwörtlich den Boden unter den Füßen wegzog, setzte Nami sich auf einen der roten Loungesessel. „Du überraschst mich“, sagte sie schließlich.  „Niemand sollte seinen Abschlussball versäumen“, antwortete er und setzte sich ihr gegenüber. „Ich hatte sogar zwei Dates, um nichts zu verpassen.“ „Natürlich hattest du das“, lächelte Nami und trank einen weiteren Schluck Wein. „Die armen Mädchen.“ „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie sich beschwert haben.“ Amüsiert schüttelte Nami ihren Kopf. „Und die gebrochenen Herzen?“ „Die beiden wussten genau, auf was sie sich einlassten. Ich spiele immer mit offenen Karten“, erklärte er ihr unschuldig.  „Du siehst aus wie ein Herzensbrecher“, gab Nami zu bedenken.  „Ich habe dir doch schon gesagt, du sollst dich nicht in mich verlieben, Nami“, raunte er ihr zu, während er sich zu ihr rüber beugte. Nami widerstand dem Drang, sich ihm ebenfalls zu nähern. Nur schwer konnte sie die Fassung bewahren und still sitzen bleiben. Er jedoch schien ihren inneren Kampf zu bemerken, denn er lächelte wissend. „Du selbst siehst auch aus wie eine Herzensbrecherin.“ Sofort musste Nami an Sanji denken. Sie würde bald ein Herz brechen. Gedankenverloren sah sie Zorro an. „Das wissen wohl nur die Sterne.“  „Du gehörst doch nicht zu den Frauen, die glauben, dass der Mars oder die Venus an allem Schuld sind, oder?“ Nami lächelte geheimnisvoll, dankbar darüber, dass er sie so schnell auf andere Gedanken brachte. „Du bist bestimmt Sternzeichen Skorpion. Harte Schale, weicher Kern.“ „Oh Gott, ich wusste es“, stöhnte Zorro und starrte fassungslos in sein Weinglas. „Du bist eine von denen.“ Kichernd streckte sie ihre Zunge raus. „Bist du jetzt enttäuscht?“ „Ein wenig“, murmelte Zorro, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.  „Und, bist du es?“ „Was?“ „Skorpion?“ Zorro murmelte unverständliche Worte, während er aufstand und dem Kellner hinter der Bar ein Zeichen gab. Dieser nickte und wandte sich dem Computer hinter ihm zu.  Gleich darauf klimperten die ersten Takte von Taylor Swifts Love Story durch die Lounge. Nami lachte ungläubig, als Zorro ihr seine Hand hinhielt: „Darf ich bitten?“ Sie starrte in seine unergründlichen Augen und griff nach seiner Hand. Nicht verlieben, nicht verlieben, nicht verlieben, hallte es immer wieder durch ihren Kopf, als Zorro sie von den Sesseln wegzog, damit sie mehr Platz hatten.  Er drehte sich zu ihr um, legte beide Hände an ihre Taille und bewegte sich langsam mit ihr zum Rhythmus der Musik. Die Musik war eigentlich nicht dafür gemacht, einen romantischen Tanz aufs Parkett zu legen, doch Nami und Zorro war das so ziemlich egal. Nami legte ihre Arme um seinen Nacken und ließ sich von ihm durch die Lounge führen. Mit jedem Takt wurde ihr die Nähe zwischen ihren Körpern mehr und mehr bewusst. Sie hatte bereits ahnen können, dass sich unter seinem Hemd eine stählerne Brust und starke Arme befanden. In seinen Armen fühlte sie sich unglaublich klein und geborgen. Sie hatte keine Ahnung, wie er es schaffte ihr in kürzester Zeit ein Gefühl von Sicherheit in seinen Armen zu vermitteln. Unwillkürlich strich sie mit ihren Fingern durch seine Haare. Es fühlte sich genauso weich an, wie sie es sich erhofft hatte. Der viele Kaffee und der Rotwein machten Nami seltsam beschwipst.  „Romeo, take me somewhere we can be alone...“, sang Nami gedankenverloren mit. „Mein Gott, du bist ja ein richtiger Swiftie“, schnaubte Zorro leise. „Jeder ist insgeheim ein Swiftie, Zorro.“  Sein Griff um ihre Taille verstärkte sich, als sie erneut mit ihren Fingern durch seine Haare fuhr. Es war wie in einem Traum, sie wollte auf keinen Fall aufwachen.  „Nami...“, raunte er und seine Augen fixierten sie, als wäre sie ein Beutetier und er der gefährliche Tiger. Wieder bescherte ihr Name aus seinem Mund ihr eine Gänsehaut. Dieses Mal war es Zorro, der einen inneren Kampf führte. Immer wieder sah er auf ihre Lippen.  Küss mich, schrie es in Namis Kopf. Erneut schien Zorro ihre Gedanken zu lesen, denn er beugte sich langsam zu ihr herunter. Doch kaum hatte Nami ihre Augen geschlossen, war das Lied vorbei und somit auch der Zauber. Zorros Hände entfernten sich zögerlich von ihrer Taille und er ging einen Schritt zurück. Nami blinzelte, als wäre sie tatsächlich aus einem Traum erwacht. Fröstelnd legte sie ihre Arme um ihre Körpermitte. Zorro kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Nach ein paar Sekunden schien er sich wieder gefasst zu haben, denn er lächelte sie an, als hätte es diesen Moment vorhin nicht gegeben.  „Ich denke, Law wird sich noch heute in den Arsch beißen, dass du nicht mit ihm auf den Ball gegangen bist. Dein bester Freund ist ein Glückspilz.“ Namis Augen zuckten nervös. Wenn er nur wüsste. Kapitel 3: One More Sleep ------------------------- „Schlimmstes Date?“ Nami schaufelte gerade eine große Ladung Vanille-Eis in ihren Mund, während sie Zorro diese Frage stellte. Nach ihrem intensiven Tanz Erlebnis in der Air Canada Lounge brauchte sie dringend eine Abkühlung. Zorro hatte nur die Augenbraue nach oben gezogen, hatte jedoch nichts gesagt, als sie zusammen in einen der vielen Shops gingen und sie sich einen Becher Eis kaufte. Vielleicht verstand er nur allzu gut, warum sie diese Erfrischung dringend nötig hatte.  Er antwortete jedoch nicht, sondern beobachtete sie mit dunklen Augen dabei, wie sie den Löffel ableckte. Verlegen ließ Nami den Löffel in den Becher sinken und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Räuspernd rutschte sie auf ihrem Stuhl herum und leckte unwillkürlich über ihre Unterlippe. Zorro betrachtete sie immer noch so, als würde er sich im Kopf ausmalen, was sie noch alles mit ihrer Zunge machen konnte.  „Du hast bestimmt viele Date Erfahrungen gemacht...“, versuchte sie seine Gedanken auf ihre Frage und weg von ihrer Eis am Stiel Aktion zu lenken.  „Naja, das Übliche“, antwortete Zorro schließlich. „An den Feiertagen seid ihr Frauen besonders verrückt.“ Nami schnaubte. „Und es liegt natürlich nie an den Männern, dass wir Frauen verrückt werden.“ „Ganz genau.“ Erneut verfielen die beiden in einen intensiven Blickkontakt, der jedoch je von Namis Handy unterbrochen wurde. Sie presste die Lippen aufeinander, löste ihre Augen von Zorro und sah auf ihr Telefon. Eine neue Nachricht von Sanji.    Hey, gibt es schon einen Ersatzflug? Ich habe mit Bellmere und Nojiko besprochen, dass wir das Weihnachtsessen warten lassen, bis du zuhause bist. Vermisse dich.   Gedankenverloren kaute sie auf ihrer Unterlippe herum und las die Nachricht nochmals durch. Hinter ihren Augen fing es verräterisch an zu pochen. Vermisse dich ... immer wieder las sie diese zwei Worte. Sanji hatte noch nie so etwas geschrieben. Das schlechte Gewissen lastete schwer auf Namis Schultern. Sie wusste jetzt schon, dass Bellmere und Nojiko unendlich enttäuscht von ihr sein würden, weil sie diese Chance mit Sanji nicht nutzen wollte. Aber Nami konnte ihre Gefühle doch nicht erzwingen, oder? Vielleicht würde sie mit der Zeit ja wirklich was für ihn empfinden, wenn sie ihnen eine Chance gab.  „Hey...“, hörte sie Zorro raunen, als er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Seine Finger tanzten federleicht auf ihrer Wange, während sie seinen Blick erwiderte. Erst jetzt bemerkte sie, dass eine Träne aus ihrem Auge entwischt war und Zorro diese sanft wegstrich.  „Tut mir leid“, entschuldigte sie sich flüsternd und rieb mit den Händen über ihre Augen. Verdammter Mist. Zorro weckte Gefühle in ihr, die schon viele Jahre in der hintersten Schublade ihrer Seele verbarrikadiert hatte. Sie konnte sich zwar einreden, dass Sanji mit viel Mühe irgendwann auch diese Gefühle in ihr wecken würde, doch Nami wusste, dass das nicht möglich war. Sanji gab sich seit der High School schon unendlich viel Mühe und sie spürte niemals auch nur den Hauch von diesen Emotionen in seiner Nähe. Die letzten Wochen hatte sie gedacht, es würde an ihr liegen. Dass sie nicht mehr in der Lage war, solche Empfindungen zu haben. Doch nun würde sie sich am liebsten Hals über Kopf auf Zorro stürzen. Tief durchatmend tippte sie Sanji eine Antwort.   Leider noch nichts gehört. Freue mich schon auf das Essen.   Gleich darauf stellte sie ihr Handy in den Flugmodus und ließ es in ihrer Tasche verschwinden. Dann strich sie ihre langen, orangen Haare über ihre rechte Schulter und sah Zorro auffordernd an.  „Also. Schlimmstes Date?“ Ihr Gegenüber kniff die Augen zusammen. Doch dann verschränkte er die Arme vor der Brust und grinste. „Toronto, vor zwei Jahren. Sie hieß Boa Hancock und war die heißeste Barkeeperin, die ich jemals gesehen habe“, erzählte er und rieb sich gedankenverloren den Hinterkopf. Innerlich bedankte Nami sich bei ihm, dass er sie nicht auf das eben Geschehene ansprach und lieber das Thema wechselte. Er musste bemerkt haben, dass sie sowieso nicht darüber reden wollte.  Sie trat ihn spielerisch gegen sein Schienbein, als er immer noch nicht aus seiner Tagträumerei aufgewacht war. Zorro schreckte auf und grinste. „Sie war wirklich heiß.“ Augenrollend sah sie an die Decke. „Und weiter?“ „Und sie ist nur mit mir ausgegangen, weil sie es heimlich auf meinen besten Freund abgesehen hatte. Kannst du dir das vorstellen?“, fuhr er fort. „Sie hat Ruffy mir vorgezogen.“ „Dieser Ruffy muss ja ganz schön scharf sein“, grinste Nami. Der Gedanke gefiel ihr, dass Zorro nicht immer das bekam, was er wollte.  Zorro zog eine Augenbraue nach oben. „Er hat den IQ eines Drittklässlers.“ „Heiß“, antwortete Nami schmunzelnd und zwinkerte ihm zu.  Er bemerkte, dass sie nur mit ihm spielte, und konnte sich ebenfalls ein Lächeln nicht verkneifen. „Was machst du eigentlich beruflich?“, fragte Nami schließlich. Sie hatte schon oft darüber gegrübelt, jedoch nie gefragt, da sie diese langweiligen Fragen ja laut Zorro nicht nötig hatten.  Der Grünhaarige legte den Kopf schief und sah sie fragend an. „Was glaubst du?“ War ja klar, dass er nicht einfach so mit der Sprache rausrücken würde.  Sie betrachtete ihn ausgiebig von oben bis unten. „Irgendwas mit Sport“, tippte sie. Bei diesem Körper musste das sein Beruf sein. Wer zum Teufel hatte sonst die Ausdauer und Konsequenz jeden Tag ins Fitnessstudio zu gehen? Vermutlich die gleichen Psychopathen, die bereits früh morgens durch den Stanley Park joggten.  „Gar nicht mal so übel“, sagte er.  „Also? Fußballer? Skifahrer? Was ist es?“ „Trainer.“ „Was oder wen trainierst du?“ „Pole Dancing.“ Nami schreckte auf. Was?! Doch der erste Schock verpuffte gleich, sobald sie Zorros breites Grinsen entdeckte. Erleichtert atmete sie durch. Irgendwie schreckte und erregte die Vorstellung von Zorro an der Stange sie gleichzeitig. Sie verkniff sich ein Lachen, als sie sich diesen großen und muskulösen Mann beim Pole Dancing vorstellte. Striptease jedoch war eine ganz andere Sache... Unwillkürlich biss sie sich auf die Unterlippe.  „Hast du schmutzige Gedanken, Nami?“, fragte er leise, was beinahe wie ein Knurren klang. Sie bemerkte sofort, wie sich ihre Wangen rot färbten.  „Ertappt“, schmunzelte er.  „So ein Blödsinn...“, versuchte sie sich rauszureden, doch wusste bereits, dass es zwecklos war. Aber was solls, sie war auch nur eine Frau mit Bedürfnissen.   „Raus mit der Sprache“, sagte sie schließlich und griff nach seiner Flasche Bier, von der er gerade wieder einen Schluck nehmen wollte. „Was trainierst du?“ „Eishockey“, antwortete er und schnappte sich seine Flasche zurück. Er nahm einen großen Schluck.  Nami kniff die Augen zusammen. Für sein Alter war er ein junger Trainer.  Zorro seufzte. Mal wieder schien er ihre Gedanken zu lesen, denn er sagte: „Nach einer schweren Verletzung musste ich meine eigene Karriere aufgeben.“ Als Nami den Mund aufmachte, kam er ihr zuvor. „Ich bin darüber hinweg, okay?“ Vermutlich hatte er ihr schon angesehen, dass sie ihr Mitgefühl ausdrücken wollte. „Ich liebe es Trainer zu sein. Sogar noch mehr, wie selbst Eishockey zu spielen.“ Nami nickte lächelnd. „Welche Mannschaft trainierst du?“ „Die Vancouver Giants.“ Erstaunt riss sie die Augen auf. Die Vancouver Giants gehörten zu der besten Mannschaft der Junior Leagues. Und Zorro war ihr Trainer? Sie war zwar nicht der größte Eishockey Fan, aber in den Nachrichten hatte man in der letzten Zeit oft gelesen, dass die Giants Stolz auf ihren neuen Trainer waren, da er das Beste aus der Mannschaft holte.  „Du bist der neue Trainer?!“, fragte sie entsetzt. „Das heißt ... du ...“, stotterte sie weiter. Das hieß verdammt nochmal, dass er ein kleines Vermögen verdiente. Kein Wunder, dass er es sich leisten konnte, die Maple Leaf Lounge nur für sie zwei zu buchen. Sprachlos betrachtete sie ihn.  „Tu das nicht“, warnte Zorro stirnrunzelnd.  „Was meinst du?“ „Mich anzuhimmeln.“ „Ich himmle dich nicht an“, antwortete Nami patzig, musste jedoch zugeben, dass sie Zorro vorhin wirklich wie einen kleinen Superstar angehimmelt hatte. Sie sollte wohl in Zukunft öfter auf ein Spiel der Giants gehen. Warum machte ihn diese Sache jetzt noch heißer? Das war so unfair. Bis vorhin hatte sie ihm schon kaum noch widerstehen können und jetzt war es komplett um sie geschehen. Irgendwie wünschte sie sich, er würde wieder das arrogante Arschloch raushängen lassen. Schmunzelnd dachte sie an ihre erste Begegnung vor ein paar Stunden zurück. Kaum zu glauben wie sich ihr Blick auf ihn in dieser kurzen Zeit komplett verändert hatte. Zorro war wohl der Inbegriff von harter Schale und weicher Kern.  „Wenn wir wieder in Vancouver sind“, sagte Zorro nachdenklich. „Solltest du auf ein Spiel kommen. Ich könnte dir Karten besorgen.“ „Oh...“, schmunzelte Nami. „Fragst du mich gerade nach einem Date, Zorro?“ Ihre Stimme klang spielerisch und sie wollte ihn aufziehen, doch eigentlich wünschte sie sich gerade nichts sehnlicher.  Vielleicht lag es an den vielen Lichtern, die den Flughafen zur Weihnachtszeit schmückten oder der generellen Weihnachtsstimmung, die Nami jedes Jahr seltsam sentimental machte. Jedenfalls konnte sie zum ersten Mal in ihrem Leben die Aussage „Liebe auf den ersten Blick“ tatsächlich nachvollziehen. Und sie hatte ihre Freundin Vivi all die Jahre für bescheuert erklärt, als sie nach nur einem Tag an ein gemeinsames Leben mit Corsa dachte.  „Nein.“ Verblüfft und ein wenig gekränkt sah Nami auf. Die Enttäuschung musste in ihrem Blick legen, denn Zorro hob sofort abwehrend die Hände. „So meinte ich das nicht“, entschuldigte er sich. „Wenn ich dich nach einem Date frage dann mache ich es richtig, okay?“ Nami erwiderte sein Lächeln. Irgendwie klang dieser Satz nach so viel mehr Versprechungen.   „Für alle Fluggäste des Fluges AC549, es wurde ein Ersatzflug eingerichtet. Bitte begeben Sie sich zu Gate 11.“   Nach dieser Durchsage blickten sich die beiden in die Augen. Keiner wusste so genau, was er sagen sollte. Warum störte es sie plötzlich so, dass es ein Ersatzflug gab? Schlagartig war Nami wieder auf den Boden der Realität angekommen. Schweren Herzens löste Nami den intensiven Blickkontakt. Ihre Augen brannten verräterisch, während sie, ohne etwas zu suchen, in ihrer Handtasche kramte. Sie würde doch jetzt nicht anfangen zu heulen, oder?  „Wir sollten gehen“, hörte sie Zorro plötzlich sagen. „Nicht, dass wir noch unseren Flug versäumen.“ Am liebsten würde Nami sagen, dass sie genau das wollte. Sie wollte noch so viel mehr über Zorro wissen. Stattdessen sagte sie einfach nur: „Du hast recht.“   Als die beiden wieder am Gate 11 angekommen waren, stellten sie sich brav in die lange Warteschlange. Nami blickte mit klopfenden Herzen auf die zwei Sitze, auf denen ihre Geschichte mit Zorro angefangen hatte. Und vielleicht würde es auch das für immer bleiben ... eine Geschichte von zwei Fremden am Gate 11. Zorro schien ebenfalls in Gedanken zu sein, denn er starrte ziellos auf das alte Ehepaar, das vor ihnen in der Schlange stand. Unwillkürlich wollte Nami nach seiner Hand greifen, doch schlang stattdessen ihre Arme um ihre Körpermitte. Aus den Augenwinkeln sah Zorro sie an: „Ist dir kalt?“ „Ein wenig“, murmelte sie gedankenverloren. Sie war sich unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Nami hatte noch nie zu den Frauen gehört, die sich Hals über Kopf in etwas hineingestürzt hatten. Sie war immer darauf bedacht gewesen, jedes kleinste Detail durchzuplanen. Heute jedoch war nichts nach Plan verlaufen und doch waren es genau die Stunden mit Zorro, die dieses Weihnachten zu etwas ganz Besonderes gemacht hatten. Bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, hatte sich die Schlange aufgelöst und sie beide standen vor dem Schalter, hinter dem eine junge Dame mit strengem Dutt saß. Sie machte einen nervösen Eindruck, als sie mit zusammengekniffenen Lippen zwischen Nami, Zorro und ihrem Computer hin und herblickte. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah sie auf.  „Es tut mir wirklich leid“, sagte die schüchterne Dame. „Aber wir haben nur noch einen Sitzplatz frei.“ Nami stöhnte und rieb sich genervt die Schläfen. Heute war wirklich überhaupt nicht ihr Glückstag.  „Was soll das heißen? Sie haben einen Ersatzflug eingerichtet und nun haben nicht alle Passagiere platz?!“ „W-Wir hatten nur ein kleineres Flugzeug zur Verfügung“, stotterte die Dame und sank in ihrem Sitz zusammen.  Gerade als Nami noch mehr Ärger loswerden wollte, wurde sie von Zorro sanft an der Schulter berührt. „Du solltest den Flug nehmen.“ Sprachlos blickte Nami in sein Gesicht. Er zuckte bloß mit seinen Schultern. „Keine Sorge, ich mag Weihnachten sowieso nicht und es macht mir nichts aus, noch ein paar weitere Stunden zu warten. Deine Familie wartet auch dich.“ „A-Aber...“, antwortete sie, doch schloss ihren Mund wieder. Vor wenigen Stunden hatte sie sich nichts lieber gewünscht, als endlich nach Hause zu kommen. Endlich diesen Flughafen zu verlassen und Weihnachten mit Bellmere und Nojiko zu feiern. Und auch die Sache mit Sanji zu klären.  Doch nun war irgendwie alles anders... „Ma‘m? Wir benötigen ihre Bordkarte. Sie sollten sich beeilen. Das Flugzeug startet in wenigen Minuten.“ Eilig suchte Nami in ihrer Handtasche nach der Bordkarte. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Hände zitterten, obwohl ihr überhaupt nicht so kalt war. Würde sie Zorro wiedersehen? Wollte er sie überhaupt nochmals treffen? Oder waren die letzten Stunden für ihn nur ein Zeitvertreib gewesen? Als sie ihre Bordkarte gefunden hatte und der Dame reichte, blickte sie Zorro fragend an. Doch dieser hatte nur seine Hände in der Hosentasche vergraben und lächelte sie an.  „I-ich...“, begann Nami, doch wurde von einem weiteren Mitarbeiter von Air Canada unterbrochen.  „Sie sollten dringend in dieses Flugzeug steigen, Miss!“ Der Mitarbeiter drückte ihr die Bordkarte zurück in die Hand, packte sie an der Schulter und schob sie bestimmt in Richtung Gate 11. Nami blickte verzweifelt über ihre Schulter zu Zorro. Warum sagte er denn nichts? Wollte er sie denn wirklich nicht wiedersehen?  Sie beobachtete ihn dabei, wie er sich ratlos seinen Hinterkopf kratzte. Vermutlich war er genauso unsicher wie sie selbst, was das alles heute zu bedeuten hatte. Als Nami von dem Mitarbeiter durch eine Tür geschleust wurde und sich diese augenblicklich hinter ihr schloss, setzte ihr Herz einen Moment aus. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um einen letzten Blick durch das kleine runde Fenster in der Tür zu erhaschen. Doch sie konnte Zorro durch diesen Blickwinkel nicht mehr erkennen. Verdammt war es das wirklich gewesen? Missmutig griff sie nach ihrem Handgepäck und kehrte der Tür den Rücken zu. Traurig seufzend schloss sie die Augen. Sie würde Zorro wohl nie wieder sehen. Warum hatte sie sich nicht gewehrt und wenigstens noch drei Minuten herausgeschlagen, um ihn nach seiner Nummer zu fragen?  „Ma’m?“, hörte sie eine Stimme. „Bitte begeben Sie sich auf ihren zugewiesenen Sitzplatz.“ Eine Dame der Boardcrew hatte sich die Mühe gemacht, sie hier abzuholen. Namis Wangen wurden rot und sie folgte der Dame mit schnellen Schritten. Sie versuchte sich, auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nach Hause fliegen. Weihnachten feiern. Sanji die Wahrheit sagen. Oder zuerst Sanji die Wahrheit sagen und dann Weihnachten feiern? Über die Reihenfolge musste sie die nächsten Stunden im Flieger dringend nachdenken.  Und sobald sie dies alles erledigt hatte, würde sie sich vielleicht eine Karte für die Vancouver Giants holen. Bei dem Gedanken daran flatterten die Schmetterlinge wie wild in ihrem Bauch. Sie konnte immer noch nicht fassen, was die letzten Stunden alles passiert war. Nami hoffte nur, dass Zorro ähnliche Gefühle hatte wie sie.  Als Nami ihren Sitzplatz erreicht hatte, manövrierte sie ihr Handgepäck in die obere Ablage und ließ sich erschöpft auf ihren Sitz fallen. Tief durchatmend strich sie sich durch ihre Haare.    „Sir! Sie dürfen das nicht! Sie müssen sofort das Flugzeug verlassen, ansonsten holen wir den Sicherheitsdienst!“, hörte Nami plötzlich eine aufgeregte Stimme durch die Lautsprecher hallen. Wie auch viele andere Passagiere lugte Nami neugierig über den Vordersitz. Die Vorhänge zur Kabinencrew waren jedoch zugezogen, damit niemand den Tumult sehen konnte.  „Geben Sie mir endlich das Scheißteil!“, knurrte nun eine tiefe Baritonstimme, die Nami augenblicklich eine Gänsehaut bescherte. Zorro?!  „Sir! Wir warnen Sie ein letztes Mal!“, war im Hintergrund zu hören.  „Jaja“, brummte Zorro. „Mir doch egal.“ Nami konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Was hatte er bloß vor? „Irgendwo in diesem Flugzeug sitzt eine Frau, die mir innerhalb von wenigen Stunden komplett den Kopf verdreht hat“, hörte sie ihn plötzlich durch die Lautsprecher.  Ach. Du. Scheiße. Was machte er da bloß?  „Sir! Wir sind hier nicht bei „Tatsächlich Liebe“ oder irgendeiner anderen Romanze!“, war erneut die erboste Frauenstimme zu hören. „Wir rufen jetzt den Sicherheitsdienst!“ „Wie du hörst, habe ich nicht viel Zeit“, sagte Zorro und sein typisches Grinsen schwang in seinen Worten mit. „Triff mich in zwei Tagen im Stanley Park beim Siwash Rock!“, hörte sie ihn noch schnell sagen, bevor ein lautes Gepolter und ein darauffolgendes Klacken zu hören war. Danach war die Leitung Tod.  Nami vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Ihre Wangen kochten förmlich unter ihren Fingern.  Doch das breite Lächeln in ihrem Gesicht war unaufhaltsam. Dieser wunderbare Idiot.  Kapitel 4: All I Want For Christmas Is You ------------------------------------------ Nami betrachtete das Backsteinhaus vor ihr. Der Schnee auf dem Dach war bedrohlich hoch, der Zaun um das Haus beinahe eingeschneit. Die bunten Lichter, die Bellmere jedes Jahr liebevoll anbrachte, ließen die fallenden Schneeflocken erstrahlen. Endlich war sie zuhause.  Dennoch zögerte sie. Ihre Mütze und Schultern waren mittlerweile von einer kleinen Schicht Schnee bedeckt, da sie die letzten fünf Minuten einfach nur hier gestanden und das Haus angestarrt hatte. Sie konnte Licht hinter den Jalousien erkennen. Bellmere und die anderen hatten also tatsächlich auf sie gewartet, obwohl es mittlerweile schon nach Mitternacht war. Nami rieb ihre kalten Hände aneinander. Ob Sanji auch noch hier war? Beim Gedanken an ihren besten Freund drehte sich Namis Magen um. Nur zu genau konnte sie sich das Bild im Hausinneren vorstellen. Nojiko hatte sich bestimmt schon lange in ihren dicken Weihnachtspulli eingewickelt und lag auf dem bequemen Sofa. Sanji huschte um den Tisch und sah zu, dass jeder Teller perfekt auf dem Tisch stand, während er gleichzeitig den Herd im Auge behielt und Bellmere stand vermutlich mit einem Lächeln auf den Lippen neben dem großen Weihnachtsbaum. „Nami?“ Oder sie trat gerade aus der Tür, um ihre jüngste Tochter willkommen zu heißen.  Wie in Zeitlupe löste sie sich aus ihrer Starre und blickte zu der Eingangstür. Bellmere stand dort, rieb sich fröstelnd die Hände und blickte ihre Tochter besorgt an. „Was machst du denn da draußen? Du musst ja komplett durchgefroren sein.“  Als Nami nicht antwortete, sondern nur die Hände zu Fäusten ballte und den Kopf in den Nacken steckte, verließ Bellmere die Wärme ihres Hauses und lief auf ihre Tochter zu. Dass sie nur ihre Hausschuhe anhatte und somit in wenigen Sekunden bis auf die Socken durchnässt war, schien sie zu ignorieren. Nami ließ sich in die warmen Arme ihrer Mutter fallen und vergrub ihre kalte Nase in Bellmeres dicken Wintermantel.  „Ich weiß, mein Schatz“, flüsterte Bellmere. „Sanji wird es verstehen, mach dir keine Sorgen.“ Verwundert löste sich Nami, um ihr ins Gesicht sehen zu können. „Was? Woher...?“ Bellmere lächelte und kniff Nami die rechte Wange: „Du bist meine Tochter. Ich weiß sofort, wenn etwas nicht stimmt bei dir, Dummerchen.“ Nun konnte Nami die Tränen nicht länger zurückhalten. Sie zog die Nase hoch und ihr Kinn bebte. „Ich werde ihm sein Herz brechen“, schluchzte sie leise, damit Sanji und Nojiko sie im Haus nicht hören konnten.  Bellmere strich Nami liebevoll die Tränen von ihren eiskalten Wangen. „Komm rein. Du bist ja komplett durchgefroren.“ Mit diesen Worten zog Bellmere Nami sanft in Richtung Eingangstür. Als sie drinnen angekommen waren, schlüpfte Nami aus ihren eiskalten Schuhen und seufzte wohlig, als die Fußbodenheizung anfing, ihre Füße zu wärmen. Ihre Mutter half ihr aus dem dicken Wintermantel und zog ihr die Mütze vom Kopf. Danach griff sie wieder nach Namis Hand, drückte sie sanft und warf ihr ein verständnisvolles Lächeln zu, als sie Nami durch den Gang Richtung Esszimmer zog. Der Gang war nur kurz, doch Nami sah sich Nojikos und ihre Kinderfotos genau an, die den Eingangsbereich schmückten, als ihr viele verschiedene Gedanken durch den Kopf gingen. Der Kloß in ihrem Hals wurde immer größer und sie hatte das Gefühl, als müsste sie sich gleich übergeben. Als sie bei dem kleinen, aber gemütlichen Esszimmer angekommen waren, rannte ihnen sofort Nojiko entgegen, die ihre kleine Schwester übermütig umarmte. Nojiko drückte Nami fest an sich und kraulte ihr den Nacken. Etwas, was sie immer gemacht hatte, damit Nami sich beruhigte. Mit einem Lächeln bedankte sich Nami bei ihr. Es bedarf keiner Worte, der verständnisvolle Blick von Nojiko sagte aus, dass sie ihre Schwester verstand und alles gut werden würde.  „Nami“, hörte sie da plötzlich die vertraute Stimme von Sanji, der aus der Küche gekommen war und nun vor den zwei Schwestern stand. Mit flauem Gefühl im Magen drehte sie sich zu ihm um. Wie immer sah er einfach perfekt aus. Weißes Hemd, dunkle Stoffhose, makellos gestylte Haare. Eine rote Krawatte mit vielen kleinen Weihnachtsmännern schmückte seinen Hals. Als sie sein Lächeln sah, beruhigte sich ihr Herzschlag ein wenig. In seinen Augen konnte sie Verständnis erkennen. Fühlte er, wie es ihr gerade ging? Schon seit der Highschool hatte Sanji immer ein Gespür dafür gehabt, was in Namis Kopf vorging.  Ohne weiter nachzudenken, ging sie einen Schritt auf ihn zu und schlang die Arme um ihn. Erneut traten ihr die Tränen in die Augen. Die Angst hatte sich verflüchtigt, sobald sie Sanji gesehen hatte.  „Es tut mir so leid“, flüsterte sie, als sie bemerkte, wie Bellmere und Nojiko den zweien ihren Freiraum gaben und in die Küche gingen. Sie rückte ein wenig von ihm ab und sah ihm schuldbewusst ins Gesicht.  Sanji erwiderte vorerst nichts, sondern strich ihr eine orange Strähne hinter ihr Ohr und ließ seine Hand dann auf ihrer Schulter ruhen. Sie konnte die vielen Emotionen in seinen Augen ausmachen. Verständnis, Mitgefühl und ... Trauer? Doch als er lächelte, war all dies wie weggewischt.  Vor ihr stand Sanji, ihr bester Freund. „Nami“, sagte er mit festen Tonfall. „Mach dir keine Sorgen, okay?“ Sanji drückte Nami behutsam an sich. „Ich will einfach nur, dass du glücklich bist“, flüsterte er in ihr Ohr. „Aber bitte angle dir kein arrogantes Arschloch mit dem ich mich ständig streiten muss.“ Oh, ups. Nami kicherte nervös und drückte Sanji kurz fester an sich, sagte jedoch nichts. Wenn Nami sich bei eines sicher war, dann, dass sich Sanji und Zorro vermutlich bis aufs Blut hassen würden. Sie spürte, dass Sanji auf etwas anderes gehofft hatte. Doch war ihnen beiden bewusst, dass es zu mehr einfach nie reichen konnte. „Ich will auch, dass du glücklich bist, Sanji“, erwiderte sie. „Versprich mir, dass du einen der vielen Frauen, die dir seit Jahren hinterherjagen endlich eine Chance gibst.“ Sanji schmunzelte. „Versprochen“, sagte er. „Aber jetzt sollten wir erstmal essen. Wir reden später weiter.“ Wie auf Knopfdruck krachte Nojiko zurück ins Wohnzimmer. Sie blickte zwischen Sanji und Nami hin und her. „Da das jetzt alles endlich geklärt ist, sollten wir endlich essen. Ich verhungere fast“, stöhnte Nojiko schmerzerfüllt und legte eine Hand über ihren knurrenden Bauch. Nami lachte und schüttelte ihren Kopf. Ein letztes Mal drückte sie Sanjis Hand, bevor sie von ihm abließ.  Endlich konnte Weihnachten beginnen...   Zwei Tage später... Nervös kaute Nami auf ihrer Unterlippe, als sie den schneebedeckten Weg zum Siwash Rock lief. Der Himmel war glasklar und es war eiskalt. Eine dicke Wintermütze schützte sie vor der kalten Brise. Trotz ihres dicken, flauschigen Mantels fröstelte sie es vor Nervosität. Normalerweise war sie niemals so nervös, wenn sie ein Date vor sich hatte. Wenn man das überhaupt als ein Date bezeichnen konnte. Die Stunden am Flughafen kamen ihr wie ein entfernter Traum vor. In den letzten zwei Tagen hatte sie jedes Gespräch und jeden Moment immer wieder wie einen Film in ihrem Kopf abgespielt. Was, wenn er gar nicht hier sein würde?  Ein Schneeball traf sie am linken Arm. Nami schrak aus ihren Gedanken und blickte den Jungen, der den Schneeball auf sie geworfen hatte, finster an. Sofort lief er zu seiner Mutter und versteckte sich hinter ihren Beinen. Nami seufzte. Wenigstens hatte er sie aus ihren tiefgründigen Gedanken gerissen. Tief durchatmend ging sie ein wenig schneller. Nach wenigen Metern konnte sie den großen Felsen, der aus dem Meer ragte, erblicken. Sie hielt kurz inne und sah die vielen Menschen genau an, die sich auf dem großen Platz tummelten.    Und da war er.  Namis Herz machte einen Satz, als sie Zorro erblickte. Lässig hatte er sich an eine Felswand gelehnt, während er die zornigen Wellen dabei beobachtete, wie sie den Siwash Rock versuchten zu erklimmen. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, als sie sich ihm langsam näherte. Als Zorro sie bemerkte, löste er sich von seiner Position und starrte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Hatte er etwa gedacht, sie würde nicht kommen? „Hey Mrs. Claus“, grinste er erfreut.  „Hey Mr. Grinch“, begrüßte sie ihn lächelnd, als sie nur noch einen Schritt von ihm entfernt war.  Ohne auf ihren fragenden Blick zu achten, überwand er den letzten Meter zwischen ihnen und legte beide Arme um sie. Sofort schlug ihr das Herz bis zum Hals. Das letzte Mal waren sie sich bei ihrem Tanz in der Maple Leaf Lounge so nahe gewesen. Sie zögerte nur kurz, bevor sie auch ihre Arme um ihn schlang. Ihm so nahe zu sein, fühlte sich wie das normalste der Welt an. Zorro schien es ähnlich zu gehen, denn er legte seine Stirn an die ihrige und seufzte erleichtert. „Endlich“, raunte er. „Das wollte ich schon seit dem Moment machen, als du wie eine Furie die arme Frau hinter dem Schalter angeschrien hast.“ Er grinste, als Nami ihn sanft boxte. „Ich habe sie nicht angeschrien!“ Zorro schnaubte, erwiderte jedoch nichts. Stattdessen tat er endlich das, was er schon immer tun wollte. Sanft, kaum spürbar, berührten Zorros Lippen die ihrigen. Seine Finger strichen durch ihr langes Haar, als er sie anlächelte.  „Frohe Weihnachten, Nami“, flüsterte er.  Als sie lächelte und ihre Arme hinter seinen Nacken verschränkte, zog sie ihn wieder zu ihr und gab ihm den zögerlichen Kuss von vorhin zurück.  Zorro schmunzelte, als er sie in seine Arme schloss und sein Gesicht in ihren Nacken vergrub.  „Ich wusste, du würdest dich in mich verlieben.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)