Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 132: 30.4.2024: weiß ---------------------------- „Weißt du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht habe?!“. Richard schüttelte verständnislos den Kopf und ging vor Hellen auf und ab. Vor wenigen Minuten erst war sie in ihre gemeinsame Wohnung zurückgekehrt. Als er sie erblickt hatte, war er regelrecht auf sie zugerannt gekommen, um sie an sich zu ziehen und sich zu erkundigen, wie es ihr ginge, aber nun spiegelte sich vor allem Enttäuschung in seinem Gesicht wider. „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Und warum hast du nicht auf meine Anrufe reagiert? Ich hab zig Mal versucht, dich zu erreichen!“, baute er sich vor ihr auf und stemmte die Hände auf die Hüften. Sie hingegen spürte die Erschöpfung nach der langen Nacht, den vielen Schritten und dem erschreckenden Morgen. „Tut mir leid“, ließ sie sich auf dem weißen Ledersofa nieder und zog die hochhackigen Schuhe aus, die sie für den Rückweg wieder getragen hatte. Mittlerweile fragte sie sich, wie sie überhaupt freiwillig diese Dinger tragen konnte, so unbequem und einschneidend wie sie waren. Als sie die vom nächtlichen Spaziergang dreckigen Füße etwas massierte und dabei zu ihrem Freund hinauf sah, erkannte sie die Abschätzigkeit in seinem Blick. Er musterte sie; das zerlaufene Make-Up, die zerzausten Haare und die dreckigen Schuhe, die kaum noch davon berichteten, vor wenigen Stunden noch makellos weiß und glänzend gewesen zu sein. „Also, was sollte das alles?“, zog er die Augenbrauen kraus und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich war einfach nur spazieren und musste den Kopf etwas frei kriegen“, meinte Hellen und lehnte sich auf dem Sofa zurück, um Richard besser anschauen zu können. Er schüttelte den Kopf. „Was ist das plötzlich für eine Eigenart von dir? Und wieso sagst du dann nichts? Was, wenn dir was passiert wäre?!“, sprach er verständnislos, aber sie zuckte nur die Schultern. „Es hat sich so ergeben“, murmelte sie und schob sich einige Strähnen hinters Ohr. Selbst der Fußmarsch zurück nach hause hatte nicht geholfen, das ganze Wirrwarr in ihrem Kopf vollends zu ordnen. „Hast du was dagegen, wenn ich duschen gehe und mich dann etwas ausruhe? Lass und nachher reden, ja?“, stand sie auf und spürte, wie nicht nur ihre Füße schmerzten. Ihr ganzer Körper fing zunehmend an, gegen die Strapazen zu protestieren. Sie wollte ihrem Freund im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange geben, aber der wendete sich ab. Enttäuscht ließ Hellen die Schultern sinken und ging durch das ausladende Wohnzimmer hinüber zum Bad. Schämte er sich für sie? Oder ekelte er sich sogar vor ihrer aktuellen Erscheinung? „Ich wollte dir keinen Kummer bereiten“, murmelte sie leise und durch einen Schleier von Tränen hindurch. „Hauptsache, dir ist nichts passiert“, antwortete er, ohne dabei die Kälte in seiner Stimme verhehlen zu können. Hellen ließ den Kopf hängen und erst das warme Wasser, das einige Minuten später ihren Körper einhüllte und kribbeln ließ, brachte neues Leben und Energie in sie zurück. Sie stand eine gefühlte Ewigkeit da und hielt ihr Gesicht in den künstlichen Schauer, der ihr sanft prasselnd über Stirn und Wangen strich, während ihre Gedanken langsam anfingen, sich zu sortieren und greifbarer zu werden. Immer wieder drängte sich ihr die Frage auf, ob Richard sich wirklich Sorgen um sie gemacht oder sich eher vor negativen Schlagzeilen gefürchtet hatte, wenn sie in ihrem zerzausten Aufzug irgendwo abgelichtet worden wäre. "Hätte ich die Jacke vielleicht doch anlassen sollen, anstatt sie im Keller zu verstecken?", murmelte sie ins Rauschen des Wassers hinein und fragte sich wieder, warum sie sich aus einem Impuls heraus für die Verheimlichung entschieden hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)