Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 138: 6.5.2024: erblühen ------------------------------- „Ich fand ihn anfangs gar nicht mal so attraktiv“, meinte Hellen mit einem leichten Schmunzeln und musste bei Bens überraschten Blick lachen. „Ja, tatsächlich!“ Er stützte den Kopf auf die Hand und ließ eine Augenbraue nach oben zucken. „Eigentlich waren damals doch alle Mädels in ihn verschossen. Und auch ein paar Jungs“, sprach er mit gespielter Skepsis und eine leichte Röte umspielte Hellens Wangen. „Jetzt tu aber nicht so! Du weißt ganz genau, dass viele auch auf dich gestanden haben!", meinte sie und wollte schnell mit ihrer Geschichte fortfahren, als Ben fragte, ob sie etwa auch zu seinen "Fans" gehört habe. "Lenk nicht ab, es geht um Richard!", tadelte sie und ergänzte dann: "Jedenfalls hab ich ihn damals erst für einen arroganten Snob gehalten und wollte zunächst auch nichts davon wissen, dass er anfing mir Avancen zu machen“. Ben griff zu seiner Tasse und Hellen konnte ihm anmerken, dass er dringend einen Grund brauchte, um wortwörtlich den nächsten bissigen Kommentar über ihren Freund herunterzuschlucken. „Wieso hast du dich dann doch auf ihn eingelassen?“, fragte er stattdessen und ein verliebtes Lächeln legte sich auf Hellens Lippen. „Weil er nicht locker gelassen hat.“ Ben runzelte die Stirn und sie lehnte sich leicht zu ihm. „Als er mich das erste Mal fragte, ob ich mit ihm ausgehen will, dachte ich noch, dass ich nur eine seiner Trophäen werden sollte. Ich wusste ja, wie begehrt er war und er wusste das bestimmt auch. Außerdem fand ich damals jemand anderen toll, also ließ ich Richard abblitzen. Genauso die nächsten Male. Aber er versuchte es immer wieder, bis selbst meine Eltern es mitbekamen und dann sagte meine Mutter irgendwann mal zu mir: Schatz, was hast du denn zu verlieren? Geh mit ihm ins Kino, verbring einen schönen Nachmittag und lern ihn erst mal kennen“ und das hab ich dann gemacht. Und er hat mich überrascht“, erzählte sie weiter. „Weil du so viel Luxus nicht gewöhnt warst?“, frotzelte Ben nun doch, aber Hellen ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. „Das auch“, lachte sie zwar, korrigiert dann aber: „Nein, weil er wirklich sehr aufmerksam war. Er hat mir zugehört, sich für mich interessiert und dafür, was ich mir wünschte.“, berichtete sie und Ben nickte – ja, den Eindruck hatte er auch schon oft gewonnen, dass Richard sehr aufmerksam sein konnte. Besonders, wenn er sich davon etwas versprach. Diesen Gedankengang behielt er aber für sich und ließ Hellen stattdessen weiterreden. „Ursprünglich wollte ich gar keine Tierärztin werden“, meinte sie und Ben hob verwundert die Augenbrauen. „Eigentlich wollte ich Tierpflegerin werden. Auch ein ehrenwerter und wichtiger Beruf! Aber…“, sie brach kurz ab und knibbelte gedankenverloren die Glasur vom Donut. „Aber?“, wiederholte Ben und Hellen seufzte leicht. „Aber in meinem Fall kam dieser Berufswunsch vor allem daher, dass ich mir damals nicht zutraute, Tierärztin zu werden. Oder auch nur Tierarzthelferin. Ich dachte, ich käme nicht damit klar, Tieren auch Spritzen geben zu müssen oder schlimmstenfalls die weinenden Tierhalter zu sehen. Und… und trotz meiner guten Noten hab ich mir das Studium irgendwie auch nicht so richtig zugetraut“, zuckte sie leicht die Schultern und schaute kurz zu Ben auf, um dann wieder den Donut ins Visier zu nehmen. „Richard aber hat gleich, als ich ihm von meinem Berufswunsch erzählte, gefragt, warum ich nicht Tiermedizin studieren will und mir dann vorgeschlagen, mich mal mit einem befreundeten Arzt zusammen zu bringen. Auch da war ich erst skeptisch und hab abgelehnt, aber beim nächsten Treffern meinte er dann zu mir, er hätte ihn gefragt und wenn ich wollte, könnte ich jederzeit mal für ein kleines Praktikum in seine Praxis kommen. Und das hab ich dann gemacht“, erinnerte sie sich daran, wie sie voller Nervosität das Angebot angenommen hatte und schon nach kurzer Zeit ihr Wunsch, selber Tierärztin zu werden, erblüht war. Wie ein Schwamm hatte sie alles aufgesogen, das sie zu sehen und hören bekam, liebte es, dem Tierarzt über die Schulter blicken zu können und war ebenso begeistert bei der Sache, als Richard ihr in den kommenden Monaten noch andere, teils sehr angesehene Tierärzte vorstellte. „Ja, sags ruhig, da war seine gesellschaftliche Stellung von großem Vorteil, aber mal ehrlich: Ich wäre doch verrückt gewesen, diese Chance nicht zu nutzen, oder?“, meinte sie und Ben pflichtete ihr da bei. „Praktika sind wirklich viel wert“, murmelte er und verkniff sich sogar auszusprechen, dass Richard das nur getan hatte, um Hellen endlich rum zu kriegen. Die kicherte plötzlich. „Ich hab so nicht nur in alle möglichen verschiedenen Bereiche der Tiermedizin reinschauen können, sondern Richard fand auch ständig Gründe, um mich in den Praxen zu besuchen. Mal zur Mittagspause, mal, um mich abends abzuholen und nach hause zu bringen… manchmal auch für überraschende kleine Dates…“ „Und dann hast du dich irgendwann in ihn verliebt“, sprach Ben aus, was das Lächeln auf Hellens Gesicht bereits während ihrer Erzählung verriet und sie nickte. „Ja. Und ich geb zu, es war für mich auch ein bisschen so wie im Märchen. Er hat mir nicht nur so viel ermöglicht, sondern auch eine ganz neue Welt gezeigt, von der ich vorher nur hätte träumen können. So was ist schon imponierend“, hob sie leicht die Schultern und Ben nickte. „Lass mich raten: Du hast dich wie Aschenbrödel gefühlt“, meinte er und sie bestätigte seine Annahme. „Zum Glück ohne die böse Stiefmutter, aber ja. Meine Eltern haben immer hart gearbeitet und meinen Geschwistern und mir ein schönes Leben ermöglicht, aber trotzdem mussten wir immer sehr sparsam leben. Ich bin ihnen dankbar, dass sie uns schon früh gezeigt haben, dass man für seine Ziele arbeiten muss und dass sie trotz der höheren Kosten alles dran gesetzt haben, uns sogar den Besuch eines Gymnasiums zu ermöglichen, wenn das unser Wunsch war. Aber Geld für Kinobesuche oder gar Theater hatten wir fast nie übrig. Ich weiß noch, wie fasziniert ich war, als Richard das erste Mal mit mir in eine Oper ging. Und wie glücklich meine Eltern waren, als sie mich an dem Abend in dem hübschen Kleid sahen, das er extra für mich gekauft hatte“, lächelte sie noch immer und dachte mit verträumtem Blick daran zurück. Je mehr sie von dieser Anfangszeit ihrer Beziehung erzählte, desto mehr schien sie zu erblühen und aufzuleben. Voller Leichtigkeit sprach sie davon, ließ Witzchen einfließen und war wieder das Mädchen, in das Ben zur Schulzeit so verliebt gewesen war. Die alte Hellen schlummerte also noch irgendwo in ihr und war von den Verpflichtungen des Erwachsenenlebens und den Anforderungen an jemanden in ihrer Position nicht vollends verschlungen worden. „Wer war eigentlich der Junge, in den du vorher verliebt gewesen bist?“, fragte er plötzlich und versuchte sich vorzustellen, welche Richtung Hellens Leben wohl mit einem anderen Mann an ihrer Seite genommen hätte. Die stockte kurz und räusperte sich beschämt. „Ach, nur einer aus ner Parallelklasse“, murmelte sie und machte eine wegwerfende Handbewegung. Ben aber schmunzelte und nickte wissend. „Ah ja?“, meinte er, woraufhin Hellen gegen ein Grinsen ankämpfte und den Kopf schüttelte. „Du bist echt von dir eingenommen, weißt du das?“, blies sie in gespieltem Schmollen die Wangen auf und nickte, als er mit einem entsetzten „Ich?!“, auf sich zeigte. „Ja, ganz recht! Du!“, lachte sie und Ben protestierte, dass er doch gar nicht von sich gesprochen habe. Als Hellen zu einer Antwort ansetzte, zuckten beide jedoch zusammen, weil plötzlich ihr Handy klingelte. „Oh, Moment“, griff sie schnell danach. „Hi, ja, oh! Du bist schon zu hause?… Es ist doch noch gar nicht so.. oh, ich die Zeit aus den Augen verloren… Tut mir leid, ich wollte eigentlich nur kurz zum Einkaufen und hab dann einen Freund getroffen. Wir haben uns ein bisschen verquatscht. Was? Ja, weiß ich auch, dass Feiertag ist“, lachte sie kurz, ehe sie weitersprach: „Aber die Bäcker haben trotzdem offen und ich wollte fürs Abendessen frisches Baguette holen. Ich mach ich auf den Rückweg und bin gleich da. Was? Ach, den kennst du nicht, das ist ein Kommilitone aus der Uni. Ja, bis gleich“, legte sie auf und schaute gespannt zu Ben. Der schmunzelte leicht und nippte wieder an seiner Tasse. „So so, ich bin also ein Freund aus der Uni, hm?“, meinte er und Hellen zuckte leicht die Schultern. „Na ja, ich glaub es wäre nicht so gut gekommen, ihm zu sagen, dass ich mich mit dir auf eine Tasse Kaffee getroffen hab, oder?“ Sie stand auf und hatte es plötzlich furchtbar eilig. Da war wieder diese Unruhe und Unsicherheit. „Er war bestimmt nicht begeistert, als du letztens über Nacht weg warst, oder?“, meinte Ben, während Hellen bereits mit langem Hals die Auslage musterte und erleichtert feststellte, dass es tatsächlich noch frische Baguettes gab. „Ja, er hat sich Sorgen gemacht“, sagte sie schnell und deutet dann hinüber. „Geh nur, ich räum noch eben das Tablett weg“, meinte Ben und Hellen nickte erleichtert. „Tut mir leid, dass ich jetzt so abrupt los muss“, zögerte sie kurz und huschte dann doch zum Verkaufsbereich. Als sie gerade bezahlen wollte, stand Ben allerdings schon wieder hinter ihr und und reichte dem Bäcker einen Geldschein. „Ich hab ja gesagt, ich lad dich ein“, meinte er mit einem leichten Lächeln zu Hellen und wünschte dem Bäcker noch einen schönen Tag. Sie tat es ihm gleich und gemeinsam verließen sie den Laden. „Danke“, blieb Hellen noch einmal kurz vor ihm stehen und Ben nickte. „War am Ende doch noch ein schönes Gespräch“, meinte er und konnte die aufrichtige Freude in ihrem Gesicht sehen, weil sie es genauso empfand. „Bestell Gitti und Jenny Grüße von mir“, antwortete sie und Ben grinste. „Haselnusskaffee?“, zwinkerte er und brachte Hellen zum Lachen, ehe sie sich umdrehte und loslaufen wollte, aber Ben hielt sie auf. „Hellen?“, sagte er schnell und sie schaute ihn verwundert an. „Sollen wir das vielleicht… mal wiederholen?“ Erst wuchs ihre Verwunderung, aber dann stimmte sie mit großer Freude zu und reichte ihm ihr Handy, damit er seine Nummer darin speichern konnte. 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